Meeresheilkunde

Thalassotherapie
...nur echt am Meer

Wissenswertes über die Meeresheilkunde

Die Wassertemperaturen von Nord- und Ostsee machen es möglich, daß das Schwimmen im Meer zu einer wirkungsvollen Abhärtungsmaßnahme wird. Sie geben aber bei warmen sommerlichen Lufttemperaturen auch die erwünschte und angenehme Abkühlung. In Heilverfahren wird das Meer bei Erkrankungen der Atemwege, des Herzens und des Kreislaufs therapeutisch genutzt. Beim Baden im Meer bildet sich ein meßbarer Salzmantel auf der Haut. 

Meerwassertemperatur
Die Wassertemperatur von Nord- und Ostsee steigt im Laufe des Jahres bis auf ein durchschnittliches Maximum von 18 Grad im August an (27). Bei wärmeren Lufttemperaturen während des Sommers liegen auch die Wassertemperaturen höher. Am höchsten sind sie in den oberflächlichen Schichten. Die Ostsee zeigt eine erheblich größere Schwankungsbreite. So kann es vorkommen, daß durch Wegdrücken der wärmeren oberen Wasserschichten bei Westwind die Temperatur innerhalb von drei Tagen von 21 auf 11 Grad abfällt, um eine Woche später schon wieder 19 Grad zu betragen. In diesem krassen Maße wurde ein solcher Wechsel jedoch nur im Sommer 1963 beobachtet.

Allgemeine Meerestherapie an Nord- und Ostsee
Eine Thalassotherapie an Nord- oder Ostsee ist angezeigt bei chronischen, Erkrankungen der Atemwege und bei bestimmten Herz-Kreislaufkrankheiten. Ihre Wirkung beruht einerseits auf schonenden Einflüssen wie der Ausschaltung von Luftverunreinigungen und Allergenen, andererseits auf übenden Faktoren wie der Abhärtung und der Einbeziehungen von Meeresbädern in eine Bewegungstherapie. Bei den Atemwegserkrankungen wird durch Einatmen zerstäubten Meereswassers die Sekretverflüssigung gefördert. Das in ihm enthaltene Calcium wird über die Alveolen resorbiert. Bei Meerwasserinhalationen nehmen Vitalkapazität und Sekundenkapazität zunächst ab, und zwar um so deutlicher, je stärker eine asthmatoide Komponente vorhanden ist. Nach der Inhalation sind sie anhaltend erhöht. Wegen des hohen Dampfdruckes (relativen Feuchte) der Meeresluft wird den Atemwegen weniger Wasser entzogen und durch das im Kurverlauf zu erzielende Training der physikalischen Wärmeregulation ein Schutz vor Erkältungskrankheiten bewirkt. Meeresbäder brauchen bei den Atemwegserkrankungen nicht Teil der Thalassotherapie zu sein. Die Effektivität ist im Sommer und Winter gleich. Die Wirkung bei Herz- und Kreislaufkrankheiten beruht auf einem Trainingseffekt der Gefäßregulation. Beim Hineingehen ins Meer bei Wassertemperaturen von 15 bis 22 Grad wurden an insgesamt 270 Versuchspersonen anfangs Blutdrucksteigerungen gefunden, die um so deutlicher waren, je weniger abgehärtet und je jünger die Person war. Der Blutdruck normalisierte sich aber bald während des Bades. Die Herzfrequenz sank etwas. Der Gefäßtonus blieb auch nach dem Bad noch über Stunden erhöht, gemessen an der Zunahme der Pulswellengeschwindigkeit und des elastischen Gefäßwiderstandes. Jede Thalassotherapie der Kreislauforgane sollte mit einer angepaßten Übungsbehandlung verbunden werden, für die Strand und Dünen ein ideales Gelände abgeben. Auch im Verlauf einer Thalassotherapie kommt es nicht zu einer kontinuierlichen Umstellung der vegetativen Reaktionen. Diese erfolgt vielmehr phasenweise, wobei es, meist nach drei Wochen, zu einer Phase schlechteren Befindens kommt. In ihr ist der Arterientonus maximal, die Ketosteroide im Harn sind vermehrt, die Eosinophilen und die Gamma-Globuline im Blutvermindert. Oft wird dieser Zustand als „Kurreaktion" bezeichnet. Ihre Ursachen sind unklar. Erst nach ihr kommt es zu der erwünschten Umstellung der vegetativen Regulationen. Hierin ist die Forderung begründet, daß solche Kuren wenigstens vier Wochen dauern sollen. Als Gegenindikationen der Thalassotherapie sind Dekompensationen und entzündliche Herz-Kreislaufkrankheiten anzusehen. Ebenso sollen Patienten mit entzündlichen Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, mit Nierenkrankheiten oder Hyperthyreose einer Meerestherapie nicht ausgesetzt werden. Gleiches gilt für jugendliche Diabetiker.

Salz und Schlick
Der Salzmantel, der sich auf der Haut nach einem Bad in der Nordsee bildet, beträgt im Mittel 1,15 g/qm bzw. etwa 2 g. Noch nach 10 Stunden werden 20% bis 30% der Anfangsmenge gefunden. Ein Teil wird von der Haut gebunden, in der ersten Stunde nach dem Bad etwa 20%. Die größte Salzmenge fand sich in der Kniebeuge (1,7 g/qm) und über der Stirn (1,55 g/qm). Der Salzmantel fehlt natürlich dort, wo die Haut von Kleidung bedeckt war, und wird auch völlig beseitigt, wenn man sich abtrocknet. Schlick als im Meer abgelagerter Schlamm ist reich an organischen Stoffen und wird mit Meerwasser verrührt und erwärmt zu Packungen verwandt, analog zum binnenländischen Fango.

Quallen
Von den oft gefürchteten Quallen gibt es in der Nordsee fünf verschiedene Arten, von denen drei Nesselwirkung besitzen. Diese führt zu Hautrötungen, Juckreiz,
Urticaria und Hyperhidrosis. Allgemeinerscheinungen treten nur bei Befall ausgedehnter Hautbezirke auf. Alle Erscheinungen gehen innerhalb eines Tages komplikationslos zurück.

Thalasso bei verschiedenen Krankheiten

Atemwegserkrankungen
Die Wirksamkeit von Heilverfahren am Meer bei Atemwegserkrankungen beruht neben den allgemeinen Behandlungen auf den klimatischen Faktoren, die durch Inhalationen mit Meerwasser erweitert werden können. Im einzelnen wird über das Verhalten der ventilatorischen Größen im Verlaufe einer Kur berichtet.
Die sich hierin widerspiegelnden Besserungen sind bei Kindern noch ausgeprägter als bei Erwachsenen.
Solche Heilverfahren müssen mindestens vier Wochen dauern, um den gewünschten Effekt zu zeigen. Als Beispiel für diese Notwendigkeit wird das Verhalten von Keimbesiedelungen im Nasen-Rachenraum angeführt. Ein Hinweis auf die positive Langzeitwirkung der Heilmaßnahmen schließt das Kapitel ab.

Thalassotherapie und Inhalationen
Bei chronischen Erkrankungen der Atemwege hat sich die Thalassotherapie seit langem bewährt. Durch das Einatmen zerstäubten Meereswassers wird die Sekretverflüssigung gefördert. Die Reinheit der Luft führt zu einer Entlastung der zuvor durch Unreinheiten der Luft am Wohnort strapazierten Schleimhäute. Die Allergenfreiheit wird bei den allergischen Krankheitsformen zu einem tragenden Prinzip. Die Wirkung von Meerwasserinhalationen wurde an 203 Gesunden und 103 Patienten mit Bronchitis, Emphysem oder Asthma untersucht und dabei die Vitalkapazität, der Atemstoß und der Tiffeneau vor, direkt und 7, 15 sowie 30 Minuten nach einer Inhalation bestimmt. Die Inhalationen erfolgten zu Vergleichszwecken auch mit Süßwasser und physiologischer Kochsalzlösung. Bei den Meerwasserinhalationen kam es während der Inhalation selbst zu einer Abnahme der genannten Meßgrößen, danach zu einer kräftigen Zunahme. Bei Asthma und Emphysem war der Rückgang in der anfänglichen Phase ausgeprägter, bei Bronchitis die spätere Zunahme. Bei allen anderen Inhalationen wurde die initiale Reduktion der Werte vermißt, ihr späterer Anstieg war aber auch nur geringfügig. Wegen des hohen Dampfdruckes (relativen Feuchte) der Meeresluft wird den Atemwegen weniger Wasser entzogen. Das im Kurverlauf zu erzielende Training der physikalischen Wärmeregulation bewirkt einen Schutz vor Erkältungskrankheiten.

Die Effektivität der Thalassotherapie ist im Sommer und Winter gleich. Meeresbäder sind zur Erreichung des Behandlungszieles nicht notwendig. Ihr Einfluß auf die Lungenfunktion wurde an insgesamt 46 Probanden untersucht. Wie bereits im Kapitel über das Schwimmen erwähnt, konnten keine anhaltenden Veränderungen der Ventilationsgrößen durch ein Meeresbad gefunden werden.

Herz- Kreislauferkrankungen
Die Anwendung der Bäder- und Klimaheilkunde und der Bewegungstherapie in der Behandlung von Regulationsstörungen des Herzens und des Kreislaufs wurde bereits auf einigen Seiten angesprochen.
Um eine abschließende Darstellung der hier zu besprechenden wissenschaftlichen Untersuchungen geben zu können, werden die verschiedenen Behandlungsformen bei den Regulationsstörungen teils durch Hinweis auf frühere, teils durch zusätzliche neue Besprechungen dargestellt. Die Veröffentlichungen zur Infarktrehabilitation werden unter dem Gesichtswinkel der Belastung nicht nur durch Arbeit, sondern auch durch andere Tätigkeiten und durch Einflüsse von außen besprochen, wobei Kriterien für die Auswirkungen der Belastung die Herzfrequenz und in Verbindung mit dem Blutdruck deren Druck-Frequenzprodukt sowie Veränderungen des ST-T-Stücks im EKG und das Auftreten von Arrhythmien sind. So werden Einflüsse durch Kälte, Schwüle, Sauna, Autofahren und psychische Belastungen geschildert.

Neurodermitis
Verwendete Therapien und Quantifizierung der Befundbesserung
Zusammenfassung

Fragestellung
Die vorliegende Untersuchung hat zwei Ziele: Einmal soll ein Überblick darüber gegeben werden, welche Methoden bei Rehabilitationsmaßnahmen an der See bei Neurodermitispatienten angewendet werden. Zweitens soll der Erfolg der verschiedenen therapeutischen Maßnahmen quantifiziert werden.

Methode
In vier stationären Einrichtungen an der Nord und Ostsee nahmen 667 Patienten zwischen 3 und 65 Jahren mit der Diagnose Neurodermitis an der Untersuchung teil. Der dermatologische Befund wurde anhand des EASI-Scores objektiviert. Die Ärzte wurden gebeten, das in ihren Kliniken übliche Behandlungsregime anzuwenden.

Ergebnisse
Während der stationären Heilmaßnahme sank der durchschnittliche EASI-Score von 28 auf 13. Von den 667 Patienten zeigten 621 (93 %) eine Verbesserung des Hautbefundes. 11 Patienten (2 %) zeigten keine Veränderung in der Schwere ihrer Symptomatik, 35 Patienten (5%) eine Verschlechterung. Bei fast allen Patienten wurde eine Basistherapie verordnet, die aus Meerwasserbädern und künstlicher UV-Bestrahlung besteht, die die natürliche Sonnenstrahlung ergänzen soll. Therapeutika wie Farbstoffe, LCD oder Steroide wurden in den einzelnen Kliniken nach unterschiedlichen Strategien verordnet, wobei in der Regel eine Korrelation zum Ausgangsbefund deutlich wurde. Der therapeutische Effekt war weitgehend davon unabhängig, welche Therapeutika eingesetzt worden sind.

Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse der Untersuchung haben die therapeutische Wirksamkeit eines stationären Aufenthaltes an der See überzeugend nachweisen können. Die Frage, welchen Anteil am therapeutischen Erfolg die thalassotherapeutischen Maßnahmen und welchen Anteil die spezifischen dermatologischen Therapeutika haben, musste jedoch unbeantwortet bleiben, u. a. deswegen, weil die Therapien sehr gezielt und abgestuft nach der Schwere des jeweiligen Befundes eingesetzt wurden.



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